Totenstimmen by Amanda Stevens

Totenstimmen by Amanda Stevens

Autor:Amanda Stevens [Stevens, Amanda]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-04-23T00:00:00+00:00


EINUNDZWANZIG

»Amelia, das hier ist …« Temple kniff die Augen zusammen und wandte sich wieder dem Mann zu. »Es tut mir leid, aber wie war noch mal Ihr Name?«

»Ivers. Jimmy Ivers.” Er griff in seine Jackentasche und reichte mir eine Visitenkarte.

»Mr Ivers ist Reporter beim Lowcountry Chronicle. Er macht wohl eine Geschichte über den Friedhof von Oak Grove.«

Bewundernd sah er sich um. »Hier ist es so gruselig wie in der Hölle. Habt ihr Ladys eigentlich keine Angst, wenn ihr hier draußen so ganz allein arbeitet?«

Er musterte uns auf eine Weise, dass ich eine Gänsehaut bekam. Ich versuchte, mir sein Gesicht genau einzuprägen für den Fall, dass ich ihn irgendwann bei einer polizeilichen Gegenüberstellung identifizieren müsste. Abgesehen von den hellen ausdruckslosen Augen und der schlaffen Kinnpartie war er äußerlich ziemlich unscheinbar. »Entschuldigen Sie … woher wissen Sie, wer ich bin? Und woher wussten Sie, dass wir heute hier sind?«

»Sie haben doch bestimmt schon mal gehört, dass man so seine Quellen hat, oder? Wenn man nur genug Anreiz schafft, redet jeder. Sie würden sich wundern«, sagte er, und ich dachte: Wehe, er zwinkert mir noch einmal zu, dann kann ich für nichts mehr garantieren. »Was die erste Frage angeht, so weiß ich, wer Sie sind, weil ich meine Hausaufgaben gemacht habe.«

»Dann wissen Sie bestimmt auch, dass Sie ohne schriftliche Genehmigung der Universität widerrechtlich privaten Grund und Boden betreten«, erwiderte ich. »Wenn Sie nicht von sich aus gehen, rufe ich die Campus-Polizei und lasse Sie vom Friedhof eskortieren.«

Er sah gekränkt aus. »Dazu besteht kein Anlass. Ich mache nur meinen Job.«

»Genau wie wir. Also, wenn Sie so freundlich wären …« Ich nickte mit dem Kopf in Richtung Tor.

»Sie können mir nicht schnell ein paar einfache Fragen beantworten? Das dauert nur eine Minute.« Er wandte sich an Temple. »Und was ist mit Ihnen?«

»Ich würde sagen, nein.« Sie gab ihm ihre Visitenkarte. »Rufen Sie nächste Woche mein Sekretariat an, und ich kümmere mich darum, dass Sie eine Stellungnahme bekommen.«

»Ich schätze, das ist besser als nichts«, murrte er. »Schönen Tag noch, die Damen.«

Er zog ab, wobei er mit seinem Handy ein paar Fotos schoss. Ich sah Temple an. »Das war sehr seltsam.«

»Und wie. Wenn der Knabe Reporter ist, fress ich ’nen Besen.« Sie schaute auf seine Karte. »Die hat er sich wahrscheinlich auf dem Weg hierher noch schnell drucken lassen.«

»Was meinst du, was er wirklich wollte?«, fragte ich nervös.

Sie zuckte die Schultern. »Solche Typen sind mir schon öfter begegnet. Ich nenne sie Blutjunkies. Er hat wahrscheinlich gehofft, er könnte einen Blick in ein offenes Grab werfen. Oder er bekäme vielleicht sogar ein paar Leichenteile zu sehen.«

»Aber er wusste, wer ich bin.«

»Na ja, als die Ermittlungen letztes Frühjahr auf Hochtouren liefen, warst du ziemlich oft in den Nachrichten. Ich muss sagen, alles in allem hast du das ausgesprochen gut gehandhabt.« Eine lockige Strähne fiel Temple ins Gesicht, und sie strich sie wieder zurück. Sie war fast genauso angezogen wie ich – Cargohose, dunkle Jacke und Stiefel –, aber sie trug die Haare offen, sodass sie kunstvoll im Wind wehten, während ich meine zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte.



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